Innovation – zwischen Risiko und Chance

Shownotes

Kaputtmachen, neu entwickeln, verifizieren. Die Umsetzung innovativer Ideen und digitaler Lösungen lässt sich nur selten über eine klar festgelegte Route erreichen. Oft müssen auf dem Weg Hindernisse umfahren, Staus in Kauf genommen und manchmal auch Ziele angepasst werden. Weshalb es sich dennoch lohnt, digitale und innovative Projekte anzugehen und worauf es dabei ankommt, das verraten die zwei Unternehmer Carl Fruth und Andreas Fickenscher in Folge 4 von Zukunft:digital.

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Wie gelingt die Digitalisierung? Wie werden aus Krisen Chancen? Und wie können Unternehmen in digitale Innovationen investieren? Kompetente Antworten, Inspiration und Expertenwissen gibt es bei Zukunft:digital – einem Podcast der KfW-Bankengruppe.

HT In dieser Folge lernen Sie zwei Unternehmer kennen, die frühzeitig und beherzt digitalisiert haben. Wir fragen nach: Was sind ihre Erfahrungen? Wo gibt es Stolpersteine? Und sind die Unternehmen nun tatsächlich besser für die Zukunft aufgestellt?    Diese Beispiele machen Mut, die nicht immer ganz einfache digitale Transformation anzugehen. Freuen Sie sich auf zwei Unternehmen, wie sie unterschiedlicher kaum seien könnten: einen Fertigungsspezialisten aus dem industriellen 3D-Druck und ein Backhaus mit fast 400-jähriger Tradition.

HT Ich begrüße Carl Fruth, Gründer und Vorstandsvorsitzender der FIT AG im oberpfälzischen Lupburg, und Andreas Fickenscher von Fickenschers Backhaus in Münchberg in Oberfranken. Grüße Sie!

CF Ja, schönen guten Tag! Grüß Gott!

AF Guten Morgen. Grüße Sie!

HT Herr Fruth, Sie haben die FIT AG 1995 in der eigenen Garage gegründet. Heute macht das Unternehmen mehr als 25 Millionen Euro Umsatz. Könnten Sie uns kurz erläutern: Was ist denn der Kern Ihres Unternehmens? Und wie haben Sie es geschafft, dass die FIT AG heute, also 25 Jahre nach der Gründung, in acht Ländern vertreten ist?

CF Na, vielleicht einfach mal: Was machen wir? Die FIT AG fertigt besondere Bauteile für Kunden, und zwar ab Stückzahl eins. Und dieses Fertigen ab Stückzahl eins ist etwas, das benötigt man traditionell im Bereich der Prototypen-Herstellung, einfach um physische Muster zu haben, um eine Entwicklung von einem Gerät, von irgendeinem Bauteil gut beurteilen zu können. Und um diese Bauteile zu erstellen, benutzen wir sehr spezielle Verfahren. Sogenannte 3D-Druckverfahren – oder additive Fertigung, wie das ein bisschen professioneller heißt –, die es uns erlauben, direkt ausgehend von dreidimensionalen Daten eines Bauteils diese in physische Objekte umzusetzen. Alle Anforderungen, die es bei der Herstellung von so einem Bauteil dann gibt, was Oberflächen, was Genauigkeiten, was Nachbearbeitungs-Technologien betrifft – das ist etwas, das bei uns im Unternehmen eigentlich die hohe Komplexität ausmacht, denn jeder Kunde hat ganz unterschiedliche Anforderungen. Und diese Informationen schnell an alle beteiligten Mitarbeiter beim Herstellungsprozess zu übergeben, das ist eigentlich unsere große Herausforderung bei der FIT AG, die wir auch durch Einsatz von vielen digitalen Instrumenten, von viel Software gar nicht so schlecht meistern. Und wir haben dann ab dem Jahr 2003 sehr frühzeitig immer in neue Technologien investiert. Und ja, ich denke, in der Summe haben wir einfach viele Entscheidungen richtig getroffen.

HT Herr Fickenscher, bei Fickenschers Backhaus reicht die Unternehmensgeschichte sehr viel weiter sogar zurück – bis ins Jahr 1625. Beeindruckend! Aber so weit zurück wollen wir heute nicht schauen. Denn auch in jüngerer Zeit ist ja in Ihrem Backhaus einiges passiert. Sie bezeichnen sich als »Genusshandwerker«, unterstützen den Slow Food Deutschland e.V. und sind Mitglied im Verein traditioneller Handwerksbäcker. Also, in wenigen Worten: Was zeichnet das Backhaus aus? Sie können uns auch gern einen Kurzabriss ihrer jüngeren Geschichte geben.

AF Also, wir sind kein Start-up mehr, und ich führe den Betrieb zusammen mit meinem Bruder und unseren Ehefrauen in der mittlerweile elften Generation. Was uns so besonders macht und wofür wir die Möglichkeiten der Digitalisierung auch derzeit nutzen, ist, dass wir mit diesen Möglichkeiten versuchen, die Herstellungsverfahren unserer Urgroßväter wiederzubeleben, also, unter Zuhilfenahme von technischen Innovationen und den Digitalisierungsmöglichkeiten, und gleichzeitig aber auch den Beruf wieder für Langschläfer interessant zu machen. Also, wir haben uns zum Ziel gesetzt, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Das heißt, wir wollen die Prozesse entschleunigen und wollen dadurch einen Großteil der Nachtarbeit auf den Tag verlegen, sodass man diesem Fachkräftemangel wieder entgegenwirken kann. Und was noch besonders bei uns ist, dass wir uns auch zum Ziel gesetzt haben, unseren Kunden das Versprechen zu geben, dass wir nach einem Reinheitsgebot herstellen. Und dass bestimmte Werte von uns im Unternehmen gelebt werden wie die Regionalität.

HT Sie sprechen das Backhandwerk in einer langen Familientradition, so wie es zu Urgroßvaters Zeiten war, an. Als Laie scheint ja da das Thema Digitalisierung nicht unbedingt auf der Hand zu liegen oder oberste Priorität zu haben. Was war denn überhaupt der Auslöser, sich jetzt als Backhaus zu digitalisieren?

AF Da gab es eigentlich drei Punkte, die wichtig waren. Zum einen war es natürlich der Mangel an Fachkräften und an Auszubildenden. Und hier hat sich gezeigt, dass die Berufe jetzt des Genusshandwerks, also der Bäckerei, Konditorei, eigentlich sehr zeitgemäß und sehr hip sind, aber die meisten aufgrund der Nachtarbeit und der damit verbundenen sozialen Ausgrenzung sich dagegen entschieden haben. Zum Zweiten herrscht in unserer Branche ein extrem starker Wettbewerb, den gerade die Industrie, die Discounter und der Lebensmitteleinzelhandel, eigentlich forciert. Da ist sehr, sehr großer Preisdruck dann auch da. Und wir müssen uns als mittelständische Betriebe irgendwo ganz klar positionieren und noch mehr herausstellen, was unsere Unique Selling Points sind und was wir anders machen als die Industrie; das müssen wir noch mehr herausstellen und sichtbarer und transparenter machen. Der dritte Punkt war einfach, dass wir festgestellt haben, dass das Qualitätsmanagement, so wie es halt über Generationen und Generationen sich entwickelt hat und zum Teil auch schriftlich irgendwo im Ordner steht, dass das einfach nicht mehr zeitgemäß ist und dass es zu viel Fehleranfälligkeit geführt hat. Und wir haben einfach die Zeit oder die Chance genutzt, jetzt alle Prozesse noch mal vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Verkauf auf den Prüfstand zu stellen und zu überprüfen, ob es da nicht in der heutigen Zeit effizientere Möglichkeiten gibt, das Ganze zu handhaben.

HT Und wie Sie das gemacht haben, das wollen wir natürlich heute auch noch näher beleuchten. Noch einmal zu Ihnen zurück, Herr Fruth: 3D-Druck ist jetzt unwesentlich älter als Ihr Unternehmen. Und ich habe Sie vorhin so verstanden, dass Ihr Unternehmen eigentlich von Anfang an auf 3D-Druck gesetzt hat. Oder ist es da hineingewachsen?

CF Ja, also, wir sind 1995 gegründet, und wir sind nativ 3D-Druck. Also, das hat halt damals »Rapid Prototyping« geheißen, weil die Technologie zu diesem Zeitpunkt so unvorstellbar teuer war, dass man die einfach nur im Prototypen-Geschäft wirklich sinnvoll einsetzen konnte, weil dort Zeit so einen hohen Wert hat. Also die Zeit, bis man so ein physisches Muster hat. Schlagwort »Time To Market«. Und in der Tat, seit 2012 ist die Additive Fertigung unglaublich hip mit vielen Ideen, Versprechungen, wie das halt so ist, wenn ein Thema da auch medial so hochhyped. Und es gibt eine Unmenge von unterschiedlichen Verfahren. Und wir beschäftigen uns auch ganz, ganz intensiv damit. Ich glaube, das zeichnet die FIT aus, und ich glaube, das ist auch die Wahrnehmung der FIT am Markt. Wenn es irgendetwas Neues gibt, dann muss man mal schauen, ob es die FIT schon hat. Denn wir haben Prozesse entwickelt, um das Potenzial von Technologien wirklich frühzeitig zu erkennen. Und ein gutes Beispiel dafür war im Jahr 2003. Da haben wir angefangen mit Metall-Laser-Sintern, so nannte sich das damals, um so metallische Bauteile für die Verwendung von Prototypen-Werkzeugen zur Benutzung sehr schnell Spritzguss-Bauteile erzeugen zu können. Und wir waren die Ersten, die damit kommerziell erfolgreich waren. Und das glaube ich zeigt relativ viel auf. Wir waren deshalb erfolgreich, weil wir eben keine Werkzeugbauer waren, denn der klassische Werkzeugbauer, der hat Regeln, wie er ein Werkzeug macht. Und wenn Sie mit bestehenden Regeln versuchen, eine neue Technologie zu adaptieren, dann laufen Sie sehr häufig in Sackgassen. Und es reicht einfach nicht, in so einem ganzen Gesamtprozess einfach nur eine Komponente auszutauschen, sondern Sie müssen sich auf so einen neuen Kernprozess ganz tief einlassen. Und das machen wir heute auch, wenn wir neue Technologien im additiven Bereich da evaluieren. Wir gehen da sehr unvoreingenommen hin, und ich bemerke das sehr häufig bei unseren Kunden und gerade bei größeren Unternehmen: Die haben sehr strukturierte Abläufe, wie sie sich da hinnähern. Es reicht einfach nicht, da nur eine Kleinigkeit zu tauschen, sondern man muss da das komplette Set-up so ändern, dass ich diese Innovation überhaupt greifen kann. Ich finde das sehr schön, dass wir in diesem Podcast mit der FIT was haben, das in den industriellen Bereich wirkt. Und das Bäckereihandwerk ist ja so etwas, wo der Endkunde eine sehr private, persönliche Entscheidung trifft. Also, das schmeckt mir jetzt, dieses neue Brot oder ähnliches. Das ist natürlich ganz was anderes, als wenn in einem Industriebetrieb irgendein Ingenieur und Entwickler sagt: Mensch, ich finde das Verfahren ganz toll. Aber letztendlich hat er mit dem Entscheidungsprozess nicht mehr viel zu tun. Und der Einkäufer richtet sich nach: Du, wie viele Punkte kriege auf dem Konto gutgeschrieben, wenn ich das jetzt einkaufe? Also, wir müssen versuchen, Potenziale zu erkennen, wenn wir Innovation machen wollen – und Innovation heißt immer nicht: ich habe eine gute Idee oder habe ein tolles Verfahren, sondern: ich kann das kommerziell erfolgreich vermarkten.

HT Vielleicht hake ich da mal ein. Herr Fickenscher, wie geht man denn vor, wenn man so einen traditionellen Handwerksbetrieb wie den Ihren digitalisieren will? Also, was waren da Ihre Ziele? Was waren Ihre ersten Schritte?

AF Ja, da gebe ich dem Herrn Fruth absolut recht. Das ist natürlich ein komplett anderes Geschäftsmodell. Und ich behaupte mal, dass wir in der Bäckerei eines der verrücktesten Geschäftsmodelle haben, die man sich so vorstellen kann, wenn man sich das mal vor Augen führt: Da stehen Menschen mitten in der Nacht auf und stellen Hunderte von verschiedenen Gebäcken mit einer kurzen Haltbarkeit her, legen die in die Theke, in die Verkaufstheke, in der Erwartung, dass genau an diesem Tag die Anzahl an Menschen genau diese Kaufentscheidung treffen. Das ist jeden Tag ein Glücksspiel. Und allein schon vom Produktionsprozess her, muss auch alles so koordiniert und optimiert sein, dass die Gebäcke nicht zu alt werden, also, es muss sehr zeitnah produziert werden, sehr frisch produziert werden. Und auf der anderen Seite müssen wir natürlich uns darauf verlassen können, dass die Kunden hoffentlich zufrieden sind und wiederkommen. Jetzt ist natürlich in der Zeit jetzt wie heute mit Corona, wo sich auch das Einkaufsverhalten der Kunden komplett ändert, haben wir natürlich da ganz, ganz große Probleme. Und wir sind ganz froh, dass wir uns mit dem Thema der Prozesse zu optimieren und die Informationen im Unternehmen auch zu optimieren und zu forcieren, schon einige Zeit, ja, auch einige Jahre uns intensiv damit auseinandergesetzt haben. Das Thema … also, Ihre Frage jetzt in Bezug auf: Wann hat man angefangen und wann … also für mich ist das Thema oder der Begriff der Digitalisierung da … der taucht ja irgendwann mal auf. Was ist denn Digitalisierung? Wenn ich jetzt eine Maschine austausche mit einer neuen Maschine, die ein digitales Display hat, habe ich jetzt schon digitalisiert oder nicht? Also, ich sehe das so, dass, was bei uns so ganz wichtig war: Als wir begonnen haben, uns damit auseinanderzusetzen, haben wir schnell festgestellt, dass wir immer mit der gleichen Schnittstelle Probleme haben. Und das ist gerade beim Handwerksbetrieb meistens der Mensch. Das heißt, bei uns ist ja das Handwerk, wie es schon aussagt, da ist sehr viel der Mensch noch in den Produktionsprozess eben eingebunden. Und da steckt sehr viel Wissen in den Köpfen drin, die man in keinem Handbuch findet und in keinem Rezeptbuch findet. Und wenn ich jetzt versuche, Prozesse, die sich über Jahre hinweg etabliert haben und als gut bewiesen haben, und jetzt versuche, hier was zu ändern und ändern zu müssen, dann haben wir ganz schnell festgestellt, dass man die Mitarbeiter vom ersten Tag an mitnehmen muss und dass wir, bevor wir diese ganz großen Prozesse jetzt in Angriff zu nehmen, erst mal angefangen haben, zu fragen, was der Mitarbeiter in seinem Bereich, in seinem Arbeitsbereich vielleicht für Probleme hat. Und wie können wir die mit einem ganz kleinem Budget, mit Checklisten mit mehr Informationen, wie können wir die lösen? Und das war glaube ich auch der Schlüssel dafür, dass es bei uns extrem gut funktioniert hat, weil durch das, dass wir erstmal versucht haben, die Probleme der Mitarbeiter und an ihrem Arbeitsplatz … Wissen Sie, da ist das Druckerpapier, das jeden Tag irgendwo nicht aufgefüllt ist. Es ist irgendwo … Lichter, die nicht ausgemacht wurden, Fenster, die nicht geschlossen wurden und und und … Es sind die ganzen vielen kleinen Sachen, die einfach den Arbeitsalltag nervig macht. Und hier haben wir als erstes angesetzt und haben Checklisten und digitale Checklisten, die sich immer wieder erneuern automatisch dann, die haben wir da aufgeführt und eingeführt. Und auf einmal wurden diese Probleme der Mitarbeiter gelöst. Und dann kann die nächste Stufe kommen. Dann haben sie gesagt: Ach Mensch, das funktioniert ja einfach. Das ist so einer der Punkte. Und das ist ein anderer Punkt, den hatten wir gar nicht auf dem Schirm. Und auf einmal hatten wir so große Checklisten, dass wir dann auf einmal die wieder auf Abteilungen aufteilen mussten. Und das war ein sehr dynamischer Prozesse am Anfang, der uns extrem viel geholfen hat.

HT Herr Fruth, wie packen Sie solche Prozesse an?

CF Ich denke, so salopp wie eine Checkliste klingt, aber sich auf Dinge verlassen zu können, ist das wesentliche Basis-Fundament, das notwendig ist. Ohne Checklisten funktioniert es nicht. Das Problem ist, bei Checklisten, also irgendeine Checkliste, irgendein Formblatt, das ich ausfülle, das ist altbekannt. Das kann man machen. Aber das Problem ist: Das Auswerten dieser Checklisten ist in der Summe richtig aufwendig. Und nur, wenn Sie die kontinuierlich auswerten, kriegen Sie eigentlich einen Status. Das Entscheidende ist: Wie oft wird eigentlich das Fenster nicht zugemacht? Weil dann haben wir ja irgendwo einen Fehler im Prozess des Fensterschließens, mal ganz salopp gesagt. Und das ist der Grund, warum man so etwas meines Erachtens auch digital machen muss, dass man es überhaupt auswertbar kriegt, letztendlich um eine solide Datenbasis zu haben. Denn Digitalisierung hat ganz viel mit auswertbaren Daten zu tun. Und auch bei uns ist das da Ansatz, dass wir einfach versuchen, unsere Prozesse einfach, ja, sicher zu machen. Denn ansonsten können Sie nichts weiterentwickeln. Also, das ist meines Erachtens der richtige Ansatz, eine auswertbare Datenbasis zu haben. Und ohne jetzt so weit zu gehen: Das ist auch glaube ich der Schlüssel für die Zukunft. Wir diskutieren viel über künstliche Intelligenz. Ich glaube, das wird eines der ganz wesentlichen Megathemen sein. Denn dieses Prozesswissen, das sich heute in den Köpfen von einzelnen Mitarbeitern befindet, das müssen Sie rauskriegen. Und das ist das, was denke ich KI letztendlich am Ende des Tages sehr viel besser machen kann.

AF Ich kann dem Herrn Fruth da komplett recht geben. Und diese KI ist ja für uns wahrscheinlich auch in der Zukunft extrem wichtig. Denn durch das, dass unser Geschäftsmodell ja funktioniert, dass wir auf Verdacht etwas herstellen und in die Theke legen, das heißt ja trotzdem, dass da bestimmte Algorithmen schon beim Kunden da sind, dass er regelmäßig einkauft. Und wenn wir das wissen und wenn wir dieses Wissen des … wenn der Kunde zum Beispiel vorbestellen würde, wenn wir uns da damit auseinandersetzen, ob das Geschäftsmodell an sich, der Prozess, dass der Kunde reingeht in den Laden und einfach auswählt, obwohl er im Kopf schon die Entscheidung vorher getroffen hat, das würde uns natürlich auch in Bezug auf die Produktion und auf die ganze Lebensmittelverschwendung und Überproduktion extrem weiterhelfen. Und wir haben ja versucht, möglichst viel von der Nachtarbeit auf den Tag zu verlegen. Und da geht es nicht nur um diese Checklisten, sondern da haben wir ja auch viel investiert in … ich kann Ihnen das vielleicht so an einem Beispiel mal festmachen. Früher, vor 300 Jahren, gab's keine industrielle Hefe. Das heißt, der Teig wurde bereitet, er wurde stehengelassen, und ihm wurde Zeit gegeben. Ihm wurde Zeit gegeben, dass es gereift hat. Und irgendwann, wenn dann das Brot oder das Gebäck so weit war, dann hat man es in den Ofen geschoben. Es ist natürlich abhängig vom Sommer, von der Temperatur, von der Luftfeuchtigkeit et cetera. Deshalb ist dieser Prozess sehr unkontrolliert vonstatten gegangen. Dann kam irgendwann die Hefe-Industrie und hat gesagt: Mensch, diese Hefe, die können wir dir liefern. Dann kannst du schonmal in der Rezeptur diesen Prozess etwas in Form bringen. Dann kam der nächste Punkt, in dem die Backmittel-Industrie kam und hat gesagt: Ja, wir können dir jetzt Stabilisatoren und so weiter dann bieten, da kannst du dann produzieren, ohne diese ganzen Hindernisse. Und wir wollten jetzt diesen Prozess, wie er früher war, wiederbeleben, auf diese ganzen chemischen Zusätze verzichten, und mussten deshalb einen Raum schaffen oder die Möglichkeiten schaffen, um diesen Garprozess in einem Raum mit gesteuerten Programmen, so gut wie möglich zu automatisieren und vorher zu analysieren, sodass wir also durch die Digitalisierung zurückkommen zum ursprünglichen Rezept und zu der Rezeptur – nur geführt. Das heißt mehr Zeit. Das heißt aber auch gleichzeitig, dass wir noch früher Bescheid wissen müssen, was wir herstellen und was der Kunde nachfragt, weil bei uns noch ein Tag dazwischen ist.

HT Was waren denn die Hindernisse, auf die Sie bei Ihren Digitalisierungsvorhaben gestoßen sind? Gab es da welche technischer Art, rechtlich oder finanziell?

CF Also, wenn man sowas macht, und ich denke, da unterscheidet sich das tatsächlich überhaupt nicht, ob ich jetzt ein kundenspezifisches Implantat mache oder eine tolle Semmel: Wenn man versucht, Prozesse zu integrieren, dann ist das ein Entwicklungsprozess. Und das heißt, man entwickelt Ideen und verifiziert die dann. Sie treffen da nie ins Schwarze, sondern das ist ein kontinuierliches Verändern und vor allem auch ständiges Kritisieren und Kaputtmachen. Ich meine, die Amerikaner sagen zu so radikalen Innovationen »disruptive«, und dort steckt es im Wort schön drin. Da muss man was kaputtmachen. Und wenn ich heute einen neuen Prozess mache, dann läuft der nie linear. Sondern der läuft ab. Man macht ein Stück. Dann muss man es verifizieren. Und dann muss man prüfen, was könnte jetzt noch wirklich schlecht sein? Also, man muss auch Sachen, von denen andere sagen: „Naja, es geht schon“, man muss die immer kaputtmachen, sagen: „Nö, die sind noch nicht gut genug!“ Das ist eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten. Und richtig linear läuft da nie etwas. Also, das ist ein ständiges Trial and Error. Das Entscheidende ist, glaube ich, dass am Ende des Tages mehr gute Entscheidungen da sind als schlechte Entscheidungen. Und Ihre Frage nach: Wie ist das eigentlich finanziell? Ja, das ist ein großes Risiko, Innovation zu machen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass etwas floppt, ist im Prinzip deutlich höher, als dass etwas klappt. Klar, hinterher diskutiert man über die Sachen, die gut funktioniert haben; aber auch diese ganzen Sachen, die wir gemacht und die nicht gut funktioniert haben, die müssen genauso bezahlt werden und da muss man genauso viel Ressourcen investieren und Ähnliches. Und das sieht man natürlich sehr häufig nicht. Und das ist natürlich auch der große Unterschied, ob ich etwas erstmalig mache, als Innovator, oder ob ich ein Follower bin und sage: „Naja, ich weiß, das geht schon. Das brauche ich jetzt praktisch mehr oder weniger bloß zu kopieren.“ Und man muss da einfach wirklich Kapital, je nachdem, was man macht, viel Kapital in die Hand nehmen. Und das ist immer sehr, sehr riskant. Ich meine, bei uns in Deutschland macht man das typischerweise natürlich über Banken. In anderen Ländern geht das nicht mit Banken, da gibt es klassische Investoren, wo das ganz normal ist. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Also, der Vorteil ist: Man kommt bei uns in Deutschland relativ solide an ein bisschen Geld ran. Das kann man mit den Banken schon machen. Da gibt’s Förderprogramme – die KfW ist eine Superinstitution als Beispiel. Aber das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn Sie sagen: „So, jetzt brauch ich richtig dick fette Kohle«, nicht bloß, um ein Produkt zu machen, sondern auch um zu sagen: »Ich muss den Markt richtig erschließen!“ – dann wird es mau in Deutschland. Für so was kriegt man in Deutschland kein Geld. Das geht nur wirklich dann mit privaten Geldgebern. Und ich glaube, das ist auch der Grund, warum die richtig großen Sachen heutzutage im Regelfall nicht mehr aus Deutschland, aus Europa kommen, sondern die funktionieren in China oder in USA, wo es einfach ein paar Verrückte gibt, die sagen: Das ist vollkommen wurscht, wir stecken da jetzt ein paar Milliarden rein. Diese Kultur haben wir bei uns nicht. Wir sind ein bisschen risikoscheu. Vielleicht geht es uns ein bisschen zu gut, dass wir sagen: Ja, das Risiko müssen wir überhaupt nicht tragen.

HT Herr Fickenscher, Sie haben wahrscheinlich nicht ganz so große Finanzierungsbedarfe gehabt, aber doch solche, dass Sie da Unterstützung gebraucht haben, richtig?

AF Genau. Und da half uns das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk auch, war uns da immer beiseite gestanden sehr gut. Unser Problem war, dass die Investitionen, die wir jetzt getätigt haben, in keinster Weise zur Rationalisierung gefolgt haben. Also wir wollten damit die Qualität verbessern. Wir wollten damit unser Alleinstellungsmerkmal, also dieses Alles, was nicht reingehört für unsere Meinung in den Teig, und wir wollten dieses Storytelling, also was wir tun, das war so wichtig gewesen, dass wir auch den Kunden das kommuniziert haben. Also, das große Risiko war: Wir mussten investieren und wussten erst im Nachhinein, ob es funktioniert. Wenn ich eine Maschine kaufe und analysiere, wie viel die mir einspart, die Automatisierung, dann weiß ich ganz genau, wie die Amortisation der Maschine dann ist, welcher Zeitraum das ist. Und bei uns war es wirklich eine Investition in die Zukunft irgendwo. Und natürlich haben wir dann dadurch auch Mitarbeiter gewonnen, weil die Bäcker bei uns halt einfach nicht mehr nachts anfangen, sondern am Tag anfangen müssen. Und das ist wirklich ein nachhaltiger Prozess gewesen, der extrem risikoreich vielleicht war. Aber es gab eigentlich keine andere Möglichkeit, weil Preisführerschaft werden wir nie erreichen. Und dann haben wir angefangen und haben festgestellt, dass wir auch über die sozialen Medien, weil wir da unseren Endkunden eben erreichen, die Digitalisierung nutzen können und müssen, um ihn auch bei der Entwicklung von neuen Broten oder Produkten oder wenn wir etwas ändern oder wir mit dem Landwirt jetzt zusammen Mohn anbauen, einfach mitzunehmen und mehr an unser Unternehmen zu binden und an unsere Wertevorstellung. Auch das ist ja ein Bereich der Digitalisierung, wo ich die Information schneller und effizienter und multimedialer an den Kunden bringen kann. Das ist eine große Chance für Mittelständler.

HT Herr Fruth – FIT AG, da steht das Wort FIT ja für »Fruth Innovative Technologien«. Das heißt, Ihr Unternehmen trägt das Wort »Innovation« bereits im Firmennamen. Was ist denn Innovation Ihrer Meinung nach? Wie entsteht sie? Sie haben das so ein bisschen schon angedeutet vorhin.

CF Es gibt im Wesentlichen ja zwei unterschiedliche Arten von Innovation. Es gibt die lineare Innovation, und es gibt die radikale Innovation. Die lineare Innovation heißt, ich verbessere stückweise meinen Prozess oder mein Produkt, erweitere so ein paar neue Funktionen. Oder ich mache denselben Schmarrn einfach billiger. Was dummerweise bei vielen Unternehmen so ist: Lasst uns das irgendwie billiger machen, das Gleiche. Bei der radikalen Innovation ist das anders. Bei der radikalen Innovationen geht es darum, wirklich neue Dinge zu machen. Das heißt, ich mache einen Wärmetauscher, der nicht nur halt einfach mal die Wärme irgendwie wegbringt, sondern ich sage: Kann ich nicht meine meine Maschine besser machen und besser performen lassen, weil ich den Thermohaushalt zum Beispiel ganz anders steuere. Das heißt, ich muss weg von der einzelnen Komponente. Ich muss mehr ins Gesamtsystem. Muss dann natürlich auch den potenziellen Endkunden meines Produkts mit einbinden und sagen, was für ein Problem löst dann eigentlich dieses neue Ding? Für uns in der FIT ist die Innovation und die radikale Innovation im Prinzip, weil wir keine eigenen Produkte haben: Wie stellen wir Fertigungstechnologien oder Prozesse mit Fertigungstechnologien auf, die unseren Kunden einen potenziellen Mehrwert bringen? Die eine Seite ist natürlich die Technik dahinter. Da sind wir gut. Wir haben viele Ingenieure und so weiter. Wir lieben das! Das ist ja praktisch wie jeden Tag ein super Sandkasten. Aber es gibt natürlich, und das ist ganz wesentlich, unseren Kunden. Diesen Kunden zu manipulieren irgendwie, an die Hand nehmen, um dem was Gutes zu tun, das ist eine große Herausforderung, wo wir als Unternehmen nach wie vor nicht optimal sind, wo wir meines Erachtens die digitalen Möglichkeiten bei weitem noch nicht optimal oder gut genug ausschöpfen. Aber das ist eine ganz, ganz wesentliche Stellgröße. Das ist die große Herausforderung, die bei der Digitalisierung und bei Innovation bei uns noch besteht.

HT Das ist ja auch eine Frage, wie ist das Klima im Unternehmen? Also, wie schaffe ich in einem Unternehmen ein Klima, das Innovation begünstigt? Das ist auch durchaus eine Frage an Sie beide: Wie schafft man denn ein Klima oder Akzeptanz für digitale Innovation im Unternehmen?

AF Am Anfang habe ich das ja gleich dargestellt, dass wird die Mitarbeiter frühzeitig lernten mit einzubinden und dann auch regelmäßig auch auf dem Laufenden halten. Also, bei uns … dieser Einsatz des internen Kommunikationssystems, wo ich alle Mitarbeiter auch … bei uns haben ja die meisten Mitarbeiter keinen Arbeitsplatz und keinen Rechner vor sich. Und das war das Schwierigste, dass mit allem, was so auf dem Markt war, ich die Mitarbeiter nicht erreicht habe. Also, ich hab die Verkäuferinnen oder den Fahrer immer schlecht erreicht. Das hat sich jetzt alles verbessert, auch durch Corona, dass der Markt etwas breiter geworden ist, aber das war, dass wir bei uns Apps eingesetzt haben einfach, um die Kommunikation, die Mitarbeiter auf dem Laufenden zu halten, wenn was Neues passiert … weil es geht immer so viel einher bei uns abteilungsübergreifend. Und da haben wir einfach versucht, eine eine offene, transparente Unternehmens- oder Kommunikationskultur zu schaffen. Auch dass wir unser Unternehmenshandbuch mit allen Werten und auch die Abläufe da dargestellt sind und die Regeln dargestellt sind. Wir haben wirklich festgestellt, dass die Sehnsucht nach geregelten Abläufen und nach Strukturen in einem Betrieb wie dem unseren, im Handwerksbetrieb, enorm groß ist. Dass ich einfach mich darauf verlassen kann, dass ich, wenn ich in die Arbeit komme, dass die Vorbereitungen getroffen sind. Das war ein ganz wichtiger Punkt. Wenn Sie nach der Innovation fragen, sind wir jetzt aktuell in der glücklichen Lage, dass die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen und den Produkten aus der Vergangenheit, wo jeder eine Erinnerung hat, gerade an Gebäcken, momentan so groß ist, dass es eigentlich reicht, wenn ich mal in die Rezeptbücher der Großväter schaue. Dann ist das schon wieder für die Kunden eine Innovation. Und auf der einen Seite haben wir drei Forschungsprojekte, wo wir einmal mit der Charité etwas entwickeln, wo es auch um das Thema Ernährung und Allergien geht. Wir haben im Fraunhofer Institut ein Projekt, wo wir ein textiles Backblech entwickeln, was viel energieeffizienter dann Produkte herstellen lässt. Und da sind wir ganz offen. Und da haben wir auch gelernt: Man muss einfach sich mal mit branchenfremden Unternehmen vernetzen, nicht nur in den Kreisen sich austauschen, mit Kollegen austauschen, sondern wenn man mal über den Brotrand hinausblickt, will ich mal so beschreiben, und hier etwas offener ist, dann entstehen ganz andere Sachen vielleicht, andere Möglichkeiten, die wir jetzt in Zukunft auch mehr aufgreifen wollen. Und natürlich müssen wir da vorher unseren Laden im Griff haben, dass wir uns darum kümmern können. Und wenn ich das schaffe, dann schafft das auch wieder Raum für Innovation. Und dann kann ich mich um andere Produkte und andere Sachen dann kümmern. Das ist ganz wichtig.

CF Ja, das ist … nochmal: Ich schätze dieses Gespräch sehr, weil es sehr interessant ist, wie so unterschiedliche Ausrichtungen unternehmenstechnisch eigentlich auf dieselben Sachen konzentriert werden können.

HT Also, offenbar herrscht hier doch einiges an Übereinstimmung. Sehen Sie denn aktuell innovative Trends, die branchenübergreifend von Bedeutung sein könnten in nächster Zeit?

AF Ich glaube, eine Chance auch für Unternehmen, die jetzt so gelagert sind wie wir, ist, dass man sich wirklich mal damit auseinandersetzt, was die Zeitfresser bei mir im Unternehmen sind. Und auch welche Prozesse vielleicht wirklich optimiert werden sollten. Aber nicht die großen Prozesse, sondern sich mal mit sich selbst auseinandersetzen. Ich glaube, dass in Zukunft es sich kein Unternehmen mehr leisten kann, dass in der Verwaltung alles noch mal ausgedruckt und wieder eingegeben wird, dass Bestellungen gefaxt werden und irgendwie wieder telefonisch weitergegeben werden und solche Sachen. Ich glaube, dass man sich das nicht mehr leisten kann und den Kunden auch nicht mehr weitergeben kann. Da steckt so viel Potenzial noch drin, um die Marge zu vergrößern.

HT Kann da so etwas wie künstliche Intelligenz, KI, Automation oder ERP-Software, also „Enterprise Ressource Planning“, Prozesse verbessern, effektiver machen, beschleunigen?

CF Also, ich glaube, das ist fundamental. Ich glaube, ohne gute ERP-Systeme, die sehr stark auf Unternehmen angepasst werden müssen, wird es nicht gehen. Und ich glaube auch mittelfristig, was auch immer das heißt, sind das fünf Jahre, sind es zehn, sind es 15, wird es ohne KI nicht mehr funktionieren, weil KI so schnell so viel besser werden kann wie Entscheidungen von unterschiedlichen Personen. Aber die Basis ist, und das haben wir ganz am Anfang gesagt, die Basis ist: Du brauchst verlässliche, strukturierte, auswertbare Daten. Und das ist das, was du heute schaffen kannst und schaffen musst, selbst wenn du dich noch nicht so intensiv mit der KI beschäftigst. Und Zeit als Messinstrumente, als Key Performance Indicator (KPI). Wie lange brauche ich eigentlich für gewisse Verwaltungsakte und so weiter? Das ist die Basisarbeit, die man da einfach machen muss. Und die muss man sehr konsequent machen. Da bin ich ja vollkommen dabei. Da gibt es viel Potenzial und natürlich auch ganz viel Befindlichkeiten – warum müssen wir das jetzt ändern und so weiter – und Ähnliches. Also, da ist schon viel Psychologie notwendig.

AF Und ich glaube auch, dass man sich nicht dazu verleiten lassen sollte, sich am ERP-System festzuhalten. Gerade bei uns ist es extrem schwer, durch die ganze Vernetzung mit den Kassen und so weiter, bei einem Dienstleister – da ist man sehr abhängig davon, auch von dessen Innovationskraft. Ich glaube, dass die Schnittstellen das große Thema zukünftig sind und dass man nicht an einem ERP-System die eierlegende Wollmilchsau sucht irgendwo. Wir haben auch festgestellt, dass es gerade in der Personaleinsatzplanung viel bessere und agilere Unternehmen gibt, wo wir darauf zugreifen können, wo wir nur die Schnittstelle dann nutzen dafür, um das alles wieder in Form zu gießen und in ein System zu bringen. Und da sind halt gerade in der Bäckerbranche die etablierten Unternehmen sehr satt und sehr zufrieden. Und die wissen auch, dass der Wechsel von einem System ins andere sehr, sehr kostenintensiv und aufwendig ist. Und dass da die Türen geöffnet werden, dass man auch hier mit Spezialsoftware für bestimmte Bereiche und für bestimmte, nun ja, dass hier die Schnittstellen geschaffen werden, die das Thema der Zukunft sein werden.

CF Absolut!

AF Das wird eben Innovationen auch ganz, ganz, ganz viel mehr fördern und die Prozesse im Unternehmen auch viel besser möglich machen.

HT Gibt es Pläne, worin Sie als Nächstes investieren oder wo Sie sich eher zurückhalten?

AF Wir investieren demnächst genau in diese Frage, ob wir das Konsumentenverhalten bei uns im Verkauf in Bezug auf die Vorbestellungen besser beeinflussen können im positiven Sinne. Da arbeiten wir aktuell an einer Kooperation, die aus der Uni Bayreuth mit Mitarbeitern fließt, wo wir versuchen, am Point of Sale oder auch im Internet die Kunden zu animieren, Vorbestellungen zu treffen. Und was müssen wir tun, um das attraktiver zu machen? Ist es der Preis? Ist es vielleicht was anderes? Das erforschen wir, wollen wir im nächsten Jahr erforschen.

CF Wir entwickeln kontinuierlich Software. Das heißt, wir tun eigentlich schon alles, was wir können. Und ein Gedanke, den ich versuche, momentan in die verschiedenen Bereiche und Mannschaft einzuschleichen, um es so zu formulieren, das ist: Ich möchte die FIT vorbereiten auf KI. Da werden wir in diesem Jahr einiges an Projekten starten. Dazu versuche ich momentan die Basis zu schaffen, indem wir wirklich gute auswertbare Daten bekommen, zum einen. Und zum Zweiten auch, wie befähige ich meine Mannschaft, KI-fähig zu denken. Dass die verstehen: Was ist das? Was bedeutet das? Wie betrifft es eigentlich unser Handeln? Und was müssen wir tun, um das zu ermöglichen?

HT Was raten Sie anderen Mittelständlern, die jetzt noch mitten in den Überlegungen zur Digitalisierung stecken? Also, welche Praxistipps können Sie anderen KMU mit auf den Weg geben?

CF Also, ich würde jedem den Tipp geben, wie immer, wenn es um Innovation geht: ein weißes Blatt Papier, alles löschen, was ich weiß von bestehenden Sachen, die mich letztendlich blockieren. Und wirklich mit dem weißen Blatt Papier anfangen und fragen: Wie würde mein perfekter Ponyhof aussehen? Ohne zu sagen: Oh, das geht nicht, weil da ist diese und jene Einschränkung. Wirklich mit einem weißen Blatt Papier anfangen. So startet man Digitalisierung.

AF Ich glaube, dass die Positionierung immer wichtiger wird, dass man sich besinnt, was man eigentlich tun möchte und in der Zukunft auch tun wird. Massenware und Preisführerschaft ist auf der einen Seite. Und die Manufaktur gerade in unserem Bereich mit Alleinstellungsmerkmal, mit klarem Alleinstellungsmerkmal, auf der anderen Seite. Ich glaube, die Mitte wird es immer schwieriger haben. Ich glaube, dass die Herstellung hochwertiger Produkte eben nicht mehr ausreicht, wenn man es nicht entsprechend kommuniziert durch Storytelling, durch Transparenz. Und ich glaube, dass die Unternehmen, die die Chance der Digitalisierung nicht nutzen, am Markt nicht weiter bestehen bleiben, weil man es einfach vor dem Kunden nicht mehr rechtfertigen kann, dass man seine Prozesse nicht im Griff hat.

HT Erfahrungsberichte aus erster Hand. Das waren Carl Fruth, Gründer und Vorstandsvorsitzender der FIT AG, und Andreas Fickenscher von Fickenschers Backhaus GmbH. Vielen Dank an Sie beide!

CF Ja, vielen Dank auch für das Interview!

AF Gern geschehen! Danke für die Einladung!

HT Digitalisierung in KMU vorantreiben, das ist auch Thema unserer kommenden Folge. Wir wollen uns mit der Frage beschäftigen, wie sich Digitalisierungsmaßnahmen finanzieren lassen. Und wir stellen Finanzierungsansätze vor, die es auch kleinen und mittleren Unternehmen ermöglichen, die Digitalisierung voranzutreiben.

Das war Zukunft:digital – ein Podcast der KfW-Bankengruppe. Wollen auch Sie Digitalisierung und Innovation in Ihrem Unternehmen vorantreiben? Die KfW unterstützt Sie dabei – mit attraktiven Krediten und Förderzuschüssen. Erfahren Sie mehr auf kfw.de/digitalisieren.

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